Peterhof

Naturwissenschaftliches Institut zu Peterhof

Naturwissenschaftliches Institut zu Peterhof, 1926

Ausgerüstet mit zahlreichen Instrumenten, waren die Mitarbeiter des Hydrologischen Laboratoriums des Peterhofer Naturwissenschaftlichen Instituts in den 1920er Jahren recht häufig in der Umgebung der Petersburger Schlösser anzutreffen. So konnte Vyacheslav Mikhailovich Rylov, der heute zu den Vätern des Ökosystem-Konzepts gezählt wird, hier entscheidende Einsichten über die Bedeutung der Infusorien im Plankton gewinnen, das er dem Kristatella-Teich, einem künstlichen Gewässer mit etwa 500 Metern Uferlinie, entnommen hatte, einem reichhaltigen Fund, bei dem man nachgerade “von einem Infusorien-Plankton sprechen könnte”, wie er 1923 schrieb. Rylovs besondere Aufmerksamkeit galt unter anderem dem noch wenig bekannten Infusorium Epistylis rotans, das er im Juni 1920 untersuchte. Er hielt zu den Beobachtungen unter seinem Mikroskop fest: “Die Kolonien sind 0,45 bis 0,80 mm hoch, buschförmig, bald ziemlich ausgebreitet, bald etwas verlängert. Der Stamm ist dichotomisch verzweigt, ganz glatt, durchsichtig und farblos. Die Verästelungen liegen in verschiedenen Ebenen. An der Basis jeder Verästelung ist eine deutliche ringförmige Gelenkscheibe vorhanden, wo der höher liegende Teil des Stammes sich leicht von dem unteren abtrennt. Eine ähnliche Gelenkscheibe liebt auch bei der Befestitungsstelle der Zooide. Die Zahl der letzteren schwankt zwischen 8 bis 14, im Zusammenhang mit der Zahl der dichotomischen Verzweigungen.” Besonders fasziniert war er jedoch von der Lebensweise dieses Infusoriums, das im Unterschied zu den meisten Mitgliedern der Familie Vorticellina “zu den echtplanktonischen Infusorien”, also überwiegend freischwimmend anzutreffenden Lebewesen zu zählen sei. “Vermittels eines Schließnetzes”, so gewährt er einen Einblick in seine Arbeitsweise, “wurden von mir (in den Jahren 1921 bis 1922) zahlreiche vertikale quantitative Serienfänge aus den Tiefen 0,1m, 1 bis 2 m und 2 m, Boden ausgeführt.”

Vyacheslav Rylov, der seine Forschungen 1922 auf dem Allrussischen Kongress der Zoologen, Anatomen und Histologen sowie 1925 auf dem Internationalen Kongress der Limnologen vorstellen konnte, war mit seinem quantitativen Forschungen zum Lebenszyklus des Planktons seiner Zeit weit voraus. Er starb, nachdem er erst sehr spät mit seiner Frau das von der Deutschen Wehrmacht belagerte Leningrad verlassen hatte, an seinem Geburtstag in einem Notkrankenhaus am Bahnhof von Manturovo in der Region Kostroma.

(Rizhinashvili 2020)

Ballodora dimorpha, Zarskoe Selo.